Es gab einmal eine Zeit, in der Fotografie bedeutete, eine Kamera in die Hand zu nehmen, auf den Auslöser zu drücken und dann zu hoffen, dass niemand die Augen geschlossen hatte. Kein Schnickschnack, keine Filter, keine "Cloud-basierte Deep-Learning-Verarbeitung". Einfach du, deine Kamera, das Motiv und danach die Chemie. Einige von uns brachten die eigene Kreativität in diesen Prozess, andere weniger. Heute jedoch hat die Künstliche Intelligenz ihre Tentakeln in so ziemlich jeden Aspekt der Fotografie ausgestreckt – und das ist gleichzeitig faszinierend und beängstigend.
Versteht mich nicht falsch, ich liebe die Technik. KI hat die Fotografie zugänglicher gemacht als je zuvor. Jeder weiss, was heute mit einer Smartphonekamera möglich ist, weil es jeder nutzt. "Auto-Enhance", "intelligente Motivverfolgung" und sogar "Verschönerungsfilter" – all das macht es möglich, dass Tante Erna bei der Familienfeier beeindruckende Porträts schiesst, obwohl sie die Linse immer noch für das Mikrofon hält. Und seien wir ehrlich, auch ich nutze die KI-Tools, um Details zu perfektionieren, die mir im Eifer des Gefechts durchgerutscht sind – oder einfach, um unseren Kunden mehr zu bieten mit wenig Aufwand. Und ich liebe es! Künstliche Intelligenz oder kurz KI ist also schon längst in den fast täglichen Gebrauch der einfachen Fotografie gerutscht.
Aber trotz aller Technik bleibt eine Sache unverzichtbar: das persönliche Erlebnis. Als People Fotograf weiss ich, dass es bei einem Shooting um weit mehr geht als nur darum, das perfekte Licht oder die richtige Perspektive zu finden. Ein Fotoshooting ist eine Begegnung, ein gemeinsames Erlebnis. Es geht darum, Menschen zu ermutigen und ihnen zu helfen, sich von ihrer besten Seite zu zeigen – und dabei meine ich nicht nur das Äusserliche. Aus meiner Sicht ein schönes Nebenprodukt ist, dass der Kunde sich mit sich selbst auseinandersetzt, manchmal auf eine Weise, die tiefer geht, als er es erwartet hätte. Das wahre Geheimnis hinter einem guten Porträt ist eben nicht die perfekte Technik, sondern das Vertrauen, das man in den Minuten davor aufgebaut hat. Und genau da kommt noch keine KI mit. Wird sich das in Zukunft möglich sein?
Die menschliche Komponente: Warum das Erlebnis wichtiger ist als Technik
Jetzt mal ehrlich, wer hat schon Lust, sich bei einem Fotoshooting wie ein Roboter zu fühlen? "Bitte hierhin schauen, jetzt lächeln, bitte 20 % mehr Freude zeigen." Klingt das nach Spass? Genau. Natürlich kann das mechanische Anweisen effektiv sein und zum Ziel führen. Auch in unserem Fotostudio nutzen wir diese Technik, wenn wir unter Zeitdruck stehen, z.B. bei Corporate Porträts im 5 Minuten Takt. Reine Business Effizienz.
Doch das echte Fotoshooting-Erlebnis ist so viel mehr. Es ist nicht nur die Frage, ob das Licht stimmt, sondern ob die Stimmung stimmt. Wenn ich mit meinen Kunden arbeite, geht es um das Zwischenmenschliche, darum, den Moment zu spüren und einzufangen. Es ist ein bisschen so, als würden wir zusammen auf eine kleine Reise gehen – eine Reise, die manchmal unerwartete Fragen aufwirft: Warum lächeln wir überhaupt in die Kamera? Wann haben wir eigentlich aufgehört, uns selbst auf Fotos zu gefallen? Und was ist mit den "unperfekten" Momenten, die doch oft so viel ehrlicher sind?
Ich erinnere mich an mehrere Shootings, bei denen der Kunde plötzlich anfing, über sehr Persönliches zu sprechen, nachdem ich während dem Fotografieren verschiedene Themen angeschnitten hatte und so mein Interesse an seiner Person gezeigt hatte. Das war der Moment, in dem er sich entspannte, das wahre Lächeln kam zum Vorschein, und genau das habe ich eingefangen. Für private Bilder geht es neben schönen und lachenden Bildern auch darum, sich menschlich zu zeigen, mit allen Facetten, und nicht nur das perfekte Instagram-Bild zu produzieren. Solche Momente kann keine KI vorhersehen, geschweige denn auslösen. Oder denke ich jetzt zu kurzsichtig? Könnte es sein, dass genau die KI aus dem Smartphone mit dem unendlich grossen Hirn in der Cloud im neuen „Emotions-Modus“ bald die emotionaleren Bilder produziert? Dies weil die KI sich beigebracht hat, wie ein hervorragender Coach mit der richtigen Psychologie vorzugehen und mit uns zu sprechen, besser als es jeder halbwegs gute Fotograf es kann? Bald werden wir es wissen. Denn eines ist sicher: die Entwicklung an der KI-Front geht viel schneller, als manch einer es wahrhaben will.
Ein anderes Beispiel: Bei einem Business-Shooting habe ich absichtlich eine alberne Bemerkung gemacht, um die Spannung zu lösen. Der Kunde brach in Gelächter aus und darauf folgte die Entspannung – und genau das war der Shot, der später ausgewählt wurde. Ein echtes Lachen, kein aufgesetztes Grinsen. Technik kann viele Dinge, aber Empathie, Humor und das Fingerspitzengefühl, den richtigen Moment zu schaffen, gehören aktuell noch nicht dazu.
Am Ende des Tages ist das persönliche Erlebnis das, was ein Foto unvergesslich macht. Es sind die Gespräche, die spontane Albernheit, das echte Lächeln, das sich nicht programmieren lässt. Und genau das macht Fotografie für mich so besonders – und das kann keine KI ersetzen. Und wenn sie es doch irgendwann mal kann, bin ich der erste, der daraus lernt und sich die Technik zu nutze macht. Ich werde sicher nicht über den technologischen Fortschritt jammern, hat er mir doch so viel ermöglicht in der Vergangenheit und wird es wohl auch weiterhin tun. Vorausgesetzt ich bin bereit zu lernen und mich zu entwickeln. Und darin sind wir Menschen echt gut :)
KI als Werkzeug, nicht als Ersatz
Natürlich wird KI immer besser, und wer weiß – vielleicht wird sie eines Tages sogar psychologisch versierter sein als wir Fotografen. Aber anstatt das als Bedrohung zu sehen, frage ich mich: Wie kann ich diese Fähigkeiten nutzen, um meinen Kunden ein noch besseres Erlebnis zu bieten? Vielleicht wird KI in Zukunft so weit entwickelt sein, dass sie mir im Hintergrund hilft, die Stimmung einzuschätzen, oder mir Hinweise gibt, wann der Moment für ein bestimmtes Motiv ideal ist. Dadurch könnte ich weniger Zeit auf technische Details und mehr auf das eigentliche Erlebnis konzentrieren.
Stellt euch vor, KI übernimmt die gesamte Organisation: Sie plant das Shooting, wählt die besten Locations basierend auf Wetter, Licht und den Vorlieben des Kunden und kümmert sich um die Nachbearbeitung. Was bleibt für mich? Zeit für die echten Begegnungen, für die tiefen Gespräche und das gemeinsame Lachen. Ich könnte mich vollkommen darauf konzentrieren, dass sich meine Kunden wohlfühlen und entfalten können. Das ist es, was Fotografie wirklich ausmacht – die Verbindung zwischen Menschen. Und wenn KI mir dabei hilft, mehr von dieser Verbindung zu erleben, dann ist sie kein Ersatz, sondern ein unschätzbares Werkzeug, das mir noch mehr Raum für das Wesentliche gibt.
Die zunehmende Automatisierung durch KI wirft auch Herausforderungen auf. Wenn KI so weit entwickelt ist, dass sie jedes technische Detail eines Fotos übernimmt, wie wichtig ist dann noch das handwerkliche Können des Fotografen? Müssen zukünftige Fotografen überhaupt noch verstehen, wie Licht und Schatten wirken, wie Blenden und Verschlusszeiten zusammenspielen? Oder wird alles auf einen Knopfdruck reduziert? Ich habe mich ja ausführlich damit beschäftigt und teile auch mein Wissen hier in meinem Blog mit euch. Auch die Bildbearbeitung wird mit KI massiv beeinflusst, so wie wir es mal gemacht haben, wird es wohl keiner mehr machen (müssen).
Die wahre Kunst liegt weiterhin darin, den Menschen vor der Linse in seiner Echtheit zu erfassen. Die Technik kann dabei unterstützen, aber sie kann den menschlichen Aspekt nicht ersetzen – mindesten nicht für die Menschen, denen diese echte Beziehung wichtig ist.
Ein Balanceakt zwischen Technik und Menschlichkeit
Am Ende bleibt die Frage: Wo führt uns die KI in der Fotografie hin? Wird sie irgendwann so weit entwickelt sein, dass sie den Menschen vollständig ersetzt? Oder bist du der Ansicht, dass Fotografie doch in erster Linie eine menschliche Kunstform bleibt?
Es sind die Gespräche, die Lachmomente und die kleinen Unsicherheiten, die den Weg zu authentischen Bildern ebnen. Schliesslich sagt ein Bild nicht nur, wie jemand aussieht, sondern zeigt, wer er ist. Ich bin gespannt und mindestens zu 80% optimistisch, was die Zukunft der Fotografie und mir als Fotograf bringen wird.
Alle Bilder in diesem Beitrag wurden mit KI erstellt ohne echte Menschen (DallE von OpenAI). Wie findest du sie?
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