Videolicht: Beleuchtungstipps für professionelle Videos

1. Intro: Licht aus, Spot an!

Heute wollen wir mal etwas tiefer in die Kunst der Film- und Videobeleuchtung eintauchen. Viele Videografen produzieren mit wenig Budget und deshalb werden auch wenige Gedanken ans passende Licht verschwendet. Das wollen wir heute mal anders machen. Denn ein gutes Video, lebt von der richtigen Belichtung. Wenn du den Unterschied einmal gesehen hast, wirst du auch verstehen warum. 

Bist du bereit, deine Videos auf das nächste Level zu bringen? Oder du hast dich schlicht und ergreifend gefragt: „Warum sehen meine Clips aus wie ein Amateur-Horrorfilm, während andere mit professionellen Bildern um die Ecke kommen?“ Die Antwort lautet in 95 % aller Fälle: Licht. Wenn dein Videolicht Mist ist, kann dein Inhalt noch so genial sein – niemand wird ihn oder dein Video würdigen, weil man von dieser allseits gefürchteten „Gruselkeller-Ästhetik“ abgelenkt wird.

Dabei geht es nicht nur um technische Aspekte oder Zubehör (ja, wir reden über Lux, Lumen, Watt, CRI und andere «mystische» Akronyme), sondern auch um echte Praxistipps, gewürzt mit ein paar Insider-Zutaten aus der Filmbranche. So let the Lights shine! Und natürlich bekommst du auch die feinen Unterschiede zwischen YouTube-Licht („Schnell-und-Gut-Genug-Produktionen“) und High-End-Filmlicht („Wir haben zwar nur 2 Szenen, aber 2 LKW voller Equipment“). Schnapp dir eine Tasse Kaffee, setz dich hin und mach dich bereit, deine Leuchten in neuem Glanz erstrahlen zu lassen und endlich die Aufmerksamkeit für deine Videoproduktionen zu erhalten, die sie verdienen!

2. Warum das Thema Beleuchtung so wichtig ist

Licht ist wie das Salz in der Suppe. Ohne würzt du deinen Film nicht – er schmeckt langweilig, fad und sieht blass aus.

Zitat von Harry Box:

“As a lighting technician, you’re not just placing lamps; you’re shaping the look, balancing exposure, and controlling reflections. It’s a craft that merges technology with artistry.”

Übersetzung (sinngemäss):

„Als Lichttechniker platzierst du nicht einfach nur Lampen; du gestaltest das Bild, balancierst die Belichtung und kontrollierst Reflexionen. Es ist ein Handwerk, das Technologie und Kunst vereint.“

Quelle:

The Set Lighting Technician’s Handbook, Harry C. Box

Mit schlechtem Licht kannst du die Botschaft deines Videos in den Keller drücken. Gute Beleuchtung lässt das Bild nicht nur professionell wirken, sondern lenkt den Fokus auf das Wesentliche: dein Motiv, deine Story, dich selbst oder dein Produkt. Und das Beste daran: Du musst nicht immer ein Vermögen ausgeben. Selbst günstige LED-Panels können heute eine solide Basis liefern. Wichtig ist, dass du weisst, was du tust – und genau das erfährst du hier.

 

3. YouTube-Licht vs. Feature-Film-Beleuchtung

3.1 YouTube-Licht – Schnell, flexibel, preisgünstig

Du hast wahrscheinlich schon unzählige YouTuber gesehen, die vor einem Ringlicht sitzen, das in ihren Pupillen kleine Kreise reflektiert. Oder sie verwenden leichte LED-Panels, die einfach auf ein Stativ geschraubt werden. Hin und wieder sieht man eine Softbox im Hintergrund, und manchmal kommt sogar eine coole RGB-Hintergrundbeleuchtung zum Einsatz. Fertig ist das Studio!

Vorteile

Einfachheit: Eine überschaubare Anzahl von Lichtern, meist direkt einsetzbar.

Mobilität: Da diese Lichtquellen oft kompakt und leicht sind, kannst du sie überallhin mitnehmen – vom Wohnzimmer bis in den Park.

Preis: Viele dieser Lösungen sind relativ erschwinglich.

Nachteile

Begrenzte Kontrolle: Besonders bei preisgünstigen LED-Leuchten kann die Farbwiedergabe (Stichwort: CRI) mässig sein, oder man hat nur wenige Möglichkeiten zur Anpassung von Intensität und Farbtemperatur.

Eintöniger Look: Schnell landet man im “Einheitsbrei”: frontal ausgeleuchtete Gesichter ohne Kontur – nicht unbedingt das, was man eine “cinematic” Optik nennt.

3.2 Feature-Film- und High-End-Werbefilm-Beleuchtung – Mächtig, teuer, ziemlich episch

Am Filmset liegen die Dinge etwas anders. Du hast eine Crew mit Gaffer, Best Boy, und wer weiss wem noch – alles echte Jobtitel, nur falls du dich wunderst. Da kommen 20-40 Lampen zum Einsatz, riesige Softboxen, Mover-Lights, Tungsten-Fresnel, HMI, LED-Pars und eine Menge an Lichtformern wie Flags, Scrims und silbernen oder goldenen Reflektoren. Dort heisst es: „Zeit ist Geld, aber wir haben einen detaillierten Plan, um das perfekte Licht-Setup zu bauen.“

Vorteile

Vielseitigkeit: Praktisch unendliche Möglichkeiten, das Licht zu formen, zu ändern und zu gestalten.

Höchste Qualität: Farbtemperatur, CRI, Lichtintensität – alles wird genau kontrolliert.

Professioneller Look: Du kannst verschiedene Lichtstimmungen erzeugen – von sonniger Strandatmosphäre bis hin zu düsteren, dramatischen Kammerspielen.

Nachteile

Kosten: Grosse Produktionen haben dementsprechend hohe Budgets. Da werden schnell fünfstellige Beträge für Lichttechnik verbraten.

Aufbauzeit: Keine Schnellstart-Option. Hier heisst es: „Technik-LKW entladen, Crew koordinieren, Stative aufstellen, Kabel verlegen …“ und du sitzt Ewigkeiten da, bis endlich „Kamera läuft!“ gerufen wird.

Overkill für kleine Projekte: Klar kann man sich für sein YouTube-Video drei 5-kW-HMI-Lampen leihen, aber frag dich, ob das wirklich nötig ist – und ob du Lust hast, diese Dinger zu schleppen.

Finde deine Stufe und lerne immer mehr dazu, besonders auf Youtube gibt es sehr viele Lichttutorials für jede Liga vom Interviewlicht über das Musikvideo bis hin zum Kinofilmlicht.

Das folgende Tutorial Video zeigt dir, welche professionellen Lichtquellen es gibt, ein Überblick:

4. Checkliste für dein persönliches Licht-Setup

 

Ganz gleich, ob YouTube, Kurzfilm oder vielleicht schon dein erster kleiner Kinofilm: Es gibt ein paar Basics, die jede Produktion befolgen sollte. Hier eine kurze Checkliste:

1. Ziel & Atmosphäre klären

• Willst du eine freundliche, offene Stimmung (z. B. für Interviews oder Tutorials)? Oder etwas Dramatisches (für einen Kurzfilm)?

2. Key Light, Fill Light & Back Light

• Typische 3-Punkt-Ausleuchtung:

Key Light: Hauptlichtquelle, formt dein Motiv.

Fill Light: Ausgleich, damit die Schatten nicht zu hart sind.

Back Light (oder Haarlicht): Trennt dein Motiv vom Hintergrund, sorgt für Tiefe.

3. Farbtemperatur & CRI

• Achte auf eine konstante Farbtemperatur. Mische nicht wild Tageslicht (5600 K) mit Kunstlicht (3200 K), es sei denn, du willst das ganz bewusst.

• CRI (Color Rendering Index = Qualität der Farbwiedergabe) sollte möglichst hoch sein (>90), sonst gibt’s unschöne Farbverschiebungen, zum Beispiel grünliche Hauttöne.

4. Stromversorgung checken

• Klingt banal, ist aber der Klassiker. Hast du genug Steckdosen und Verlängerungskabel? Sind Akkus voll? In professionellen Sets stehen schon mal Dutzende Generatoren herum – für ein YouTube-Setup reicht vielleicht eine Mehrfachsteckdose.

5. Lichtformer & Diffusionsmaterial

• Nutze Softboxen, Reflektoren, schwarze Tücher („Neger“) oder Flags, um Schatten zu akzentuieren oder Licht zu schlucken. So vermeidest du dieses flache „Alles ist ausgeleuchtet“-Syndrom.

6. Probeschuss

• Stell dich oder dein Motiv vor die Kamera und mach einen Test. Sieht das Licht auf dem Monitor so aus, wie du es willst? Wenn nicht, ändere die Position, den Winkel oder die Intensität.

5. Insider-Tipps aus der Praxis

„Wenn der Kameramann ruft: ‚Sieht zu flach aus!‘, dann packe ich entweder einen Flag aus oder erhöhe den Kontrast durch punktuelles Licht. Manchmal reicht schon eine etwas seitlichere Position der Hauptquelle.“

– Tina Hoffmann, Beleuchterin bei diversen Werbefilmproduktionen

Tageslicht nutzen: Für Low-Budget-Projekte kannst du dich so positionieren, dass du ein Fenster als Key Light hast. Dann setzt du ein kleines LED-Licht als Fill auf der anderen Seite. Kosten: minimal, Effekt: maximal.

Schatten als Freund: Viele vergessen, dass Schatten ein Stilmittel ist. Ganz gleich, ob du Dramatik in einer Film-Noir-Szene erzeugen willst oder dein Gesicht plastisch in Szene setzen möchtest – Schatten geben Form.

Kontrolle über Reflektionen: Gerade bei Brillenträgern oder glänzenden Oberflächen lauert die Gefahr von unschönen Spiegelungen. Nutze Polfilter an der Kamera oder verändere den Winkel deines Lichts.

Farbe hinzufügen: Wenn du deiner Szene Farbe geben willst, verwende farbige Gels oder RGB-Leuchten. Achte jedoch darauf, dass du es nicht übertreibst – sonst mutiert dein Video zu einer Neonschild-Disco.

6. Unterschiede in der Produktion: YouTube vs. Filmset / Studio

YouTuber haben oft eine beschränkte Zeitspanne, in der Content produziert wird. Da dreht man lieber mal ein Video pro Tag statt ein Video pro Woche. Sprich: Schnelligkeit und Effizienz haben Priorität. Ruck, zuck Licht aufbauen, einschalten, kurz checken, Kamera läuft – fertig!

Bei einem Spielfilm oder High-End-Werbedreh hingegen planen Gaffer und Regisseur das Licht teils wochenlang. Es werden Licht-Pläne gezeichnet, Szenarien durchgespielt („Was, wenn die Sonne plötzlich weg ist?“), Equipment-Listen verfeinert. Warum das alles? Weil bei grossen Budgets jede Minute am Set kostet. Fehlentscheidungen rächen sich. Keine Firma möchte am Ende Millionen in einen Spot stecken, der dann aussieht wie eine mittelmässige Webcam-Übertragung.

Pro und Kontra der jeweiligen Herangehensweise

YouTube:

(Pro) Spart Zeit und Geld, man kann mit weniger Technik schon gute Ergebnisse erzielen.

(Kontra) Schnelle Lösungen sind nicht immer ideal. Wer abends ohne grosses Licht-Setup filmt, bekommt schnell dunkle, verwaschene Bilder.

Filmset:

(Pro) Jedes Detail wird durchdacht, man bekommt perfekt inszenierte Szenen.

(Kontra) Aufwändiger Aufbau, teure Crew. Für Alltagsvlogs oder Quick-and-Dirty-Produktionen völlig überdimensioniert.

 

Oft wird im Zusammenhang mit Filmlicht das Wort «cinematic look» verwendet. Der Cinematic Look bezieht sich auf das Erscheinungsbild von Filmen im Kino. Das folgende Video erklärt, wie man diesen Look erreichen kann in Innenräumen (englisch):

7. Was tun bei kleinem Budget?

 

In 95 % aller Fälle brauchst du für ein YouTube-Video keine 5’000-CHF-Lampen. Du kannst mit einem kleinen Setup aus zwei bis drei LED-Leuchten (mit ausreichendem CRI >90) und ein paar Lichtformern (Softbox, Reflektor, Diffusortuch) schon wirklich viel erreichen. Nutze das Fensterlicht, wenn es verfügbar ist, und dreh tagsüber. Investiere lieber in weniger, aber hochwertigere Lichter, anstatt jeden Schnäppchen-Spot zu kaufen wegen der Langlebigkeit.

Zitat von Robert Elswit:

“Light is the single most important element to give a film a look. You can do anything with it, if it fits the story you want to tell.”

Übersetzung:

„Licht ist das entscheidende Element, um einem Film einen bestimmten Look zu verleihen. Man kann damit alles tun, solange es zur Geschichte passt, die man erzählen will.“

Quelle:

• Interview mit Robert Elswit, British Cinematographer, Juli 2015

Wenn dir aber generell einfach das Budget für eine Anschaffung fehlt, wirf mal einen Blick in unseren Mietbereich. Du kannst auch hier Videotechnik und Leuchten mieten. 

Fazit: Licht ist keine Raketenwissenschaft, aber ein bisschen Magie steckt schon drin

Wer glaubt, Beleuchtung sei einfach nur „Licht an, Kamera draufhalten“, der irrt gewaltig. Gutes Licht braucht Planung, Liebe zum Detail und ein bisschen Experimentierfreude. Ob du nun wöchentlich YouTube-Videos drehst oder einen Kurzfilm realisieren willst – pass deine Herangehensweise an deine Ressourcen an. Schätze realistisch ein, was du brauchst und was du erreichen willst. Mit ein paar fundierten Kenntnissen und Kreativität kommst du schon sehr weit.

Und wenn dir mal beim Drehen das Licht ausgeht? Dann hältst du es wie die Profis: Kaffee holen, ruhig durchatmen und das Problem lösen. Filmbeleuchter kennen diese Momente besser als jeder andere, und oft sind es genau die Situationen, in denen man lernt, mit wenig Licht viel Wirkung zu erzielen.

In diesem Sinne: Viel Spass beim Ausleuchten und Ausprobieren! Licht kann deinen Content von öden Einheitsaufnahmen in atmosphärische Kunstwerke verwandeln. Probier dich aus und finde dein eigenes „Signature Light“, das deine Geschichte passend in Szene setzt! Wenn du dich weiter inspirieren lassen möchtest, wirf mal einen Blick in unsere Showreels. Kurz und bündig aber hammer Effekt.